In der El Hilo Latino Patchworkschule eine ausführliche Anleitung für garantiert exakte Ecken und stressfreien Umgang mit Dreiecken.
So nähst du garantiert akkurate Ecken: Das Erfolgsgeheimnis für schönes Patchwork ist genaues Nähen. Wie das ganz einfach geht, erkläre ich hier am Beispiel meines Lieblingsblocks.
Warnung: Es geht immer der Spass an der Kreativität vor! Lieber mal mogeln als zwanghaft pingelig verzweifeln.
Es ist wie in der „richtigen“ Schule: Im Anfang steht erst mal der Spaß an erster Stelle und die Lehrerin denkt sich Sachen aus, bei denen es richtig schöne Erfolge gibt und kein Mensch merkt, dass die Klasse noch nicht so superfit ist. Deswegen treffen bei den echten Anfängerprojekten in der Patchworkschule auch nirgendwo Nähte so aufeinander, dass die Kreuzungen genau getroffen werden müssen. Mit tollen Stoffen und aufregenden Farbkombinationen sieht das trotzdem super aus und deine Kreativität kann sich richtig austoben. Was vielleicht irgendwie schief geworden ist, lässt sich einfach wegmogeln. „Wonky“ ist das Zauberwort!
Aber nach dem ersten Sofakissen willst du natürlich mehr, und in deinem Kopf sind die ganzen tollen klassischen Patchworkblöcke, die du jetzt nähen willst. Da treffen (hoffentlich) die Kanten und Ecken exakt aufeinander. Das schaffst du ganz leicht mit ein paar Tricks und ein bisschen Übung.
Ich zeige dir das hier am Beispiel des Ohio-Sterns. Der kommt mit in ein Quilttop, das ich leider noch nicht fertig habe und deswegen auch noch nicht zeigen kann. Außer den Unis sind da sehr schöne historische Blaudrucke drin, die meine Mutter mir vor ein paar Jahren zu Weihnachten geschenkt hat.
Der Ohio-Star
Für den werden zunächst neun Quadrate hergestellt, vier davon werden aus Dreiecken zusammengesetzt. Wie das mit den Dreiecken schnell und akkurat geht, ist ein anderes Thema, das erkläre ich in einem gesonderten Beitrag. Wir schauen uns jetzt nur die Stellen an, bei denen es beim Zusammenähen heikel ist.
Hier sind zunächst drei Streifen entstanden, die im letzten Schritt zu einem Quadrat werden sollen. Schau zunächst, ob die Nahtzugaben stimmen (–> also überall genau gleich sind). Ein bisschen Spiel ist immer, aber im Prinzip brauchst du überall 1/4 Inch (wenn du in Inch nähst) oder einen anderen Wert, der aber ÜBERALL (einigermaßen) GLEICH sein sollte (Füsschenbreit, das Nähfüßchen gleitet beim Nähen genau an der Kante lang, das sind etwa 0,75 cm.) Es gibt hier noch ein paar Erklärungen mehr zum Thema Nahtzugabe.
Schau dir im Bild auch die hellblauen Dreiecke an: An allen Stellen sollte der Abstand zum Stoffrand gleich sein, das ist nämlich deine Nahtzugabe. Das klingt natürlich logisch, ist aber tatsächlich – gerade, wenn man noch ein bisschen unerfahren ist – der klassische Anfang eines hinterher verzogenen, schiefen Patchworkblocks (Ich weiß das, ich habe das tausend mal selber ausprobiert😂) .
Wieso werden Blöcke überhaupt schief?
Zur Erklärung: Es liegt nicht an dir, es liegt am Dreieck! Stoff ist dehnbar und schräg ist er das erst recht. Weil das so ist, macht man zum Beispiel Schrägstreifen, um einen quasi elastischen Streifen zu bekommen, der sich easy um jede Kurve legt. Beim Dreieck ist logischerweise IMMER irgend eine Kante im schrägen Fadenlauf. Diese Kante kann sich sehr leicht um bemerkenswerte Beträge verlängern. Das ist die Basis für eine schöne Beule im Quilt, die du auf keinen Fall willst.
Und: Es geht um Millimeter. Einmal den Stoff am Ende der Naht ein bisschen resolut zur Seite weg gezogen reicht, um deine Nahtzugabe zu eliminieren. Mit dem Bügeleisen lässt sich eine Stoffkante ebenfalls wunderbar verlängern. Weil aber im Patchwork die Ecken und Punkte genau aufeinander treffen sollen, kann man Überlängen natürlich nicht einfach abschneiden. Sie dürfen am besten garnicht erst entstehen. Das hat viel mit Übung zu tun, also bleibt dir im Anfang nur: Nähen, Kontrollieren, Staunen, Korrigieren, notfalls nochmal Korrigieren. (Sorry! Tut weh, hilft aber!) Beim Nähen von Dreiecken am besten zwischendurch eher weniger bügeln und möglichst wenig dran rum ziehen. Notfalls ein Dreieck neu zuschneiden. Quadrate, die aus Dreiecken zusammengenäht werden, kontrolliert man auf Maßhaltigkeit, bevor sie weiter vernäht werden.
Aber du sitzt ja gerade stolz vor deinen Picobello-Streifen, die zusammenkommen sollen. Jetzt müssen die Ecken der Blaudruck-Dreiecke genau aufeinandertreffen. Dazu legst du zwei Steifen rechts auf rechts aufeinander, nimmst eine Stecknadel und steckst sie von links (also von der hinteren Stoffseite) genau durch die Ecke. Dann genau durch die Ecke im unteren Streifen. Beide Streifen an der Nadel ganz dicht aneinander legen. Im zweiten Schritt mit zwei Nadeln rechts und links der Nadel das Paket fixieren. In den Bildern sieht man, wie es gehen soll.
Wichtig ist, dass die beiden Streifen an der Nadel ganz dicht aneinander liegen und sich nicht gegeneinander verschieben. Am besten das Stoffpaket ganz ans Ende der Nadel pressen. Im folgenden Bild kann man den gelben Stecknadelkopf daher kaum noch erkennen.
Fixiere das Ganze rechts und links mit einer quer gesteckten Nadel. Im Bild siehst du die gelbe Nadel jetzt von unten und die beiden grünen Nadeln zum Fixieren daneben. Im nächsten Bild noch mal anders. Hier sieht man auch, dass die Stoffkanten nicht genau aufeinander liegen. Das kommt, weil die Nahtzugaben nicht (mehr) ganz genau gleich breit sind. Entscheidend ist aber die Ecke, nicht die Nahtzugabe, die sieht man ja hinterher nicht mehr.
Bevor es an die Maschine geht, muss die erste Nadel raus, die beiden anderen bleiben drin. Hier siehst du genau, wo du mit der Naht durch musst, damit die Ecke eindeutig definiert ist. Wenn es eher unübersichtlich ist, kannst du die Stelle, an der die Nadel gesteckt hat, mit einem Punkt markieren. Manchmal bleibt auch das Loch sichtbar und reicht als Markierung. Im nächsten Bild sieht man das noch mal an einem anderen Block.
Dann kannst du endlich an die Maschine: Über die quer gesteckten Nadeln solltest du langsam, und mit Gefühl nähen, dann geht das prima. Lass die Maschine führen, nicht ziehen. Es ist wichtig, hier genau die Stelle zu treffen, an der die drei Stoffe zusammentreffen. Man kann auch den Nähfuß ein bisschen anheben und mit dem Handrad die Nadel genau am richtigen Punkt einstechen.
Im Bild siehst du übrigens meinen 1/4-Zoll-Patchworkfuß mit der Führungsschine an der Seite. Bei fummeligen Nähten schiebe ich die Führung hoch, indem ich hinten einfach ein kleines Stück Pappe unter die Feder schiebe. Der Nähfuß erleichtert es sehr, exakte Nähte zu erzeugen, mit überall gleichen Nahtzugaben. Aber er ist eigentlich nie im Zubehör der Maschine zu finden und meistens auch nicht billig. Ich hatte jedenfalls schon einige Quilts fertig, bevor mir einer auf den Nähtisch wanderte. Aber seitdem ist er heiß geliebt.
Troubleshooting
Und wenn es doch mal schief geht und du hinterher nicht zufrieden bist mit deiner Naht?
Zuerst klärst du die Ursache des Fehlers auf, dann weißt du, wie du korrigieren musst: Ist deine Spitze plötzlich in der Naht verschwunden? Oder sind die Quadrate seitlich gegeneinander verschoben? Eine Spitze stimmt, aber auf der anderen Seite fehlt ein Stück? Fast immer fehlen nur Millimeter bis zur perfekten Ecke.
Danach machst du nicht die ganze Naht auf, sondern trennst nur ein kleines Stück vor und hinter der Kreuzung auf. Dann alles neu zusammenstecken und mit der neuen Naht ca zwei Zentimeter vor der offenen Stelle genau in der alten Naht beginnen und auch am Ende zwei Zentimeter in die alte Naht rein nähen. Jetzt sollte es auf der Vorderseite picobello aussehen.
Wenn es wirklich sehr schlecht läuft, stimmen jetzt deine Ecken, aber alles hat dafür plötzlich eine Beule und liegt nicht mehr glatt. Dann muss wirklich die ganze Naht wieder aufgetrennt werden. Dann schaust du dir die Quernähte an: Es kann schon reichen, die Naht ein bis zwei Millimeter (da geht es wirklich nur um Millimeter) nach innen oder außen zu verlegen. Meistens zieht man ein bisschen a den Stoffstücken, wenn man den letzten Zentimeter näht, das kann schon den Millimeter verursachen. Auf diese Weise dauert zwar alles eine halbe Stunde länger als gedacht, aber hinterher ist die Beule weg.
